Psychologische Sicherheit in Teams

Veröffentlicht am 28. Mai 2025 um 20:33

Der unterschätzte Schlüssel zu Produktivität und Innovation

Hast du dich schon mal gefragt, warum manche Teams Höchstleistungen erbringen und andere ständig aneinander vorbeiarbeiten? Ein oft übersehener, aber entscheidender Faktor ist die sogenannte psychologische Sicherheit. Vielleicht hast du von diesem Begriff noch nie gehört – dann wird es höchste Zeit. In diesem Artikel erfährst du, was psychologische Sicherheit bedeutet, warum sie für jedes Team essenziell ist, wie du sie messen kannst und was konkret getan werden kann, um sie zu stärken.

Was bedeutet psychologische Sicherheit?

Der Begriff psychologische Sicherheit wurde von der renommierten Harvard-Professorin Amy Edmondson geprägt. Sie beschreibt damit die geteilte Überzeugung in einem Team, dass es in Ordnung ist, Risiken einzugehen, Bedenken zu äußern, Ideen einzubringen, Fragen zu stellen und Fehler zuzugeben – und das alles ohne Angst vor negativen Konsequenzen.

Das heißt: Teammitglieder fühlen sich sicher genug, sie selbst zu sein. Sie müssen nicht ständig überlegen, ob sie für eine kritische Bemerkung sanktioniert werden, ob ein Fehler ihre Karriere gefährden könnte oder ob eine ungewöhnliche Idee zu Spott führt.

Wichtig dabei: Psychologische Sicherheit ist nicht gleichzusetzen mit Freundlichkeit oder Harmonie. Es geht nicht darum, nett zueinander zu sein oder Kritik zu vermeiden – im Gegenteil. In einem sicheren Umfeld können Menschen auch unangenehme Wahrheiten ansprechen, Fehler offen benennen und Konflikte konstruktiv austragen. Denn nur so entsteht echtes Lernen.

Warum ist psychologische Sicherheit so wichtig?

Studien zeigen, dass Teams mit hoher psychologischer Sicherheit produktiver, innovativer und belastbarer sind. Sie treffen bessere Entscheidungen, arbeiten effektiver zusammen und zeigen mehr Engagement. Hier sind einige konkrete Vorteile:

  • Mehr Innovation: Menschen teilen eher neue Ideen, wenn sie keine Angst haben, dafür verurteilt zu werden.
  • Schnelleres Lernen: Fehler werden nicht vertuscht, sondern offen besprochen – was die Lernkurve enorm beschleunigt.
  • Höheres Engagement: Wer gehört wird, bringt sich auch stärker ein.
  • Bessere Zusammenarbeit: Unterschiedliche Perspektiven werden eingebracht und akzeptiert, was die Qualität der Entscheidungen verbessert.
  • Weniger Stress: Mitarbeiter, die sich sicher fühlen, erleben weniger Druck und sind weniger anfällig für Burnout.

Und nicht zu vergessen: Ein Team mit psychologischer Sicherheit hat eine geringere Fluktuation – was Unternehmen bares Geld spart.

Was passiert, wenn psychologische Sicherheit fehlt?

In Teams ohne psychologische Sicherheit herrscht oft eine Atmosphäre des Misstrauens und der Vorsicht. Menschen sprechen Probleme nicht an, aus Angst vor Schuldzuweisungen oder negativen Konsequenzen. Fehler werden verschwiegen, Kritik unterdrückt, Ideen zurückgehalten. Die Folgen sind fatal:

  • Mangelndes Vertrauen
  • Wenig Innovation
  • Erhöhte Fehlerquote
  • Hoher Krankenstand
  • Verlust von Talenten

Wenn ein Projekt schiefläuft, aber niemand sich traut, das offen zu sagen, dann werden Probleme nicht gelöst – sie werden nur größer. Ein toxischer Kreislauf beginnt.

Test: Gibt es in deinem Team psychologische Sicherheit?

Wenn du herausfinden möchtest, wie es in deinem eigenen Team aussieht, kannst du die folgenden sieben Fragen von Amy Edmondson zur Selbstreflexion nutzen. Beantworte sie ehrlich auf einer Skala von 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 5 (trifft voll und ganz zu):

  1. Wenn ich in diesem Team einen Fehler mache, wird das nicht gegen mich verwendet.
  2. Teammitglieder können offen über Probleme und schwierige Themen sprechen.
  3. Unterschiede zwischen Menschen werden respektiert und akzeptiert.
  4. Es ist sicher, in diesem Team ein Risiko einzugehen.
  5. Es ist leicht, andere Teammitglieder um Hilfe zu bitten.
  6. Niemand im Team würde sich absichtlich so verhalten, dass meine Anstrengungen sabotiert werden.
  7. Meine einzigartigen Fähigkeiten und Talente werden anerkannt und genutzt.

Diese Fragen helfen nicht bei einer wissenschaftlichen Diagnose – aber sie regen zur Reflexion an. Wo steht dein Team heute? Und was könnte verbessert werden?

Wie kann psychologische Sicherheit aufgebaut werden?

Psychologische Sicherheit entsteht nicht zufällig – sie muss bewusst aufgebaut, gepflegt und vorgelebt werden. Besonders Führungskräfte tragen hier eine enorme Verantwortung. Hier sind zentrale Maßnahmen:

  1. Klare Erwartungen und Standards formulieren

      Menschen brauchen Orientierung. Klare Regeln und transparente Erwartungen schaffen Vorhersehbarkeit – und            damit Sicherheit. Wer weiß, woran er ist, kann sich mutiger einbringen.

  1. Bedeutung von Mitarbeitendenstimmen betonen

     Viele Mitarbeitende schweigen, weil es bequemer und sicherer erscheint. Führungskräfte müssen deshalb aktiv               klarmachen, warum Beiträge wichtig sind. Es reicht nicht zu sagen „Meine Tür steht offen“ – es braucht konkrete          Fragen wie:

         Was halten Sie von dieser Idee?

         Wie würden Sie das angehen?

         Was sehen wir vielleicht gerade nicht?

         Und dabei ist es essenziell, Beiträge ernst zu nehmen – auch wenn man nicht alles umsetzt.

  1. Mit gutem Beispiel vorangehen

     Führung durch Vorbild ist der effektivste Hebel. Wer möchte, dass andere offen über Fehler sprechen, muss selbst        eigene Fehler zugeben – und zeigen, was er daraus gelernt hat. Das schafft eine Kultur, in der Verletzlichkeit nicht        mit Schwäche verwechselt wird, sondern mit Mut.

  1. Konstruktives Feedback fördern

     Feedback ist ein Lerninstrument – wenn es respektvoll und lösungsorientiert gegeben wird. Teams sollten darin             geschult werden, wie sie Feedback geben und annehmen können, ohne dass es zu Schuldzuweisungen kommt.

  1. Respekt und Wertschätzung zeigen

     In einer Kultur der psychologischen Sicherheit fühlen sich Menschen gesehen und geschätzt. Anerkennung muss           nicht groß sein – oft reichen kleine Zeichen wie ein ehrliches „Danke“ oder eine Rückfrage zu einer geäußerten Idee.

  1. Routinen und Rituale einführen

     Regelmäßige Teamreflexionen, Retrospektiven oder Feedbackrunden helfen, psychologische Sicherheit zu                       institutionalisieren. Wichtig: Diese Formate dürfen keine leere Pflichtübung sein – sie müssen ehrlich gemeint sein.

  1. Selbstregulation und Nervensystem beachten

     Ein oft unterschätzter Aspekt: Führungskräfte müssen in der Lage sein, ihr eigenes Stressniveau zu regulieren,             insbesondere in herausfordernden Situationen. Wer in Konflikten die Kontrolle verliert oder in eine                                       Verteidigungshaltung geht, sendet unbewusst ein klares Signal: „Es ist nicht sicher, ehrlich zu sein.“

    Das autonome Nervensystem spielt hier eine Schlüsselrolle. Führungskräfte, die sich regelmäßig reflektieren,                    Coaching nutzen oder – ganz praktisch – Methoden wie pferdegestütztes Coaching ausprobieren, können lernen, in schwierigen Momenten Ruhe, Präsenz und Offenheit auszustrahlen. Das ist Gold wert für das Teamklima.

Fazit: Psychologische Sicherheit ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor mit dem Unternehmen einerseits Umsätze steigern und andererseits Kosten verringern können. Kurz: Psychologische Sicherheit in Teams ist kein "Nice-to-have" – sie ist ein "Must-have"

Ob Start-up, Mittelstand oder Konzern – psychologische Sicherheit ist ein strategischer Erfolgsfaktor, der oft unterschätzt wird. Sie ist die Grundlage für Vertrauen, Innovation, Engagement und nachhaltige Zusammenarbeit.

Doch sie entsteht nicht durch Zufall. Es braucht Mut, Offenheit, Geduld – und den festen Willen, eine neue Kultur zu schaffen. Eine Kultur, in der Lernen wichtiger ist als Schuldzuweisung. In der Menschen sich sicher fühlen, den Mund aufzumachen. In der Führung Verantwortung bedeutet, nicht alles zu wissen – aber alles zu ermöglichen.

 

Also: Wie sicher fühlen sich die Menschen in deinem Team? Und was kannst du heute noch tun, um diesen Raum ein Stück sicherer zu machen?

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