Essgewohnheiten ändern

Veröffentlicht am 7. August 2025 um 20:54

Essgewohnheiten ändern

Wie du achtsam deine Beziehung zum Essen verstehst und nachhaltig transformierst

Die meisten Menschen möchten ihre Essgewohnheiten verbessern – sei es für mehr Energie, ein gesünderes Körpergewicht oder einfach für ein besseres Lebensgefühl. Doch der Weg dahin scheint oft steinig. Diäten, Verzicht und eiserne Disziplin führen selten zum langfristigen Erfolg. Warum ist das so? Die Antwort liegt tief in unseren neuronalen Strukturen, unseren Gewohnheiten – und vor allem in der Art, wie wir mit uns selbst umgehen.


Dieser Artikel zeigt dir, wie du mit Achtsamkeit, Selbstmitgefühl und einem besseren Verständnis deines Gehirns deine Beziehung zum Essen verändern kannst – ohne Druck, ohne Schuldgefühle, aber mit nachhaltiger Wirkung.

Der Anfang jeder Veränderung: Achtsamkeit

Achtsamkeit ist für viele mittlerweile ein alter Hut. Sie wurde zum Trend, dann zur Floskel – und manchmal sogar als „abgedroschen“ abgetan. Doch wer sie wirklich versteht und praktiziert, erkennt schnell: Achtsamkeit ist kein Modetrend, sondern eine Lebenshaltung. Sie ist die Grundlage, auf der tiefgreifende Veränderung überhaupt erst möglich wird.
Dr. Ellen Langer, Professorin für Psychologie an der Harvard University, zeigt eindrucksvoll: Achtsamkeit hat nicht nur emotionale oder spirituelle Vorteile – sie beeinflusst ganz konkret unser Denken, Fühlen und Handeln und hat einen großen Einfluss auf unsere Gesundheit. Wenn wir achtsam sind, nehmen wir bewusst wahr, was in uns und um uns herum geschieht – ohne sofort zu bewerten oder zu reagieren.
Das betrifft auch unser Essverhalten: Wann esse ich? Warum esse ich? Wie fühle ich mich vor, während und nach dem Essen? Welche Lebensmittel genieße ich achtsam – und welche esse ich nebenbei, aus Frust oder Langeweile?

Die Wahrheit über Gewohnheiten

Viele Menschen denken bei schlechten Essgewohnheiten sofort an fehlende Disziplin oder Willensschwäche. Doch das ist ein Irrtum. Essverhalten ist – wie alle Gewohnheiten – in erster Linie ein automatischer Ablauf, gespeist durch neuronale Netzwerke, die sich im Laufe der Zeit etabliert haben.

Was sind Gewohnheiten?

Eine Gewohnheit besteht im Wesentlichen aus drei Elementen:

1. Auslöser (Trigger) – z. B. Stress, Langeweile, Geruch von frischem Gebäck

2. Verhalten – z. B. der Griff zum Schokoriegel

3. Belohnung – z. B. kurzfristiges Wohlgefühl oder Ablenkung

Diese Abfolge hat sich evolutionär bewährt. Bereits in der Frühgeschichte des Menschen war es überlebenswichtig, sich zu merken, wo es Wasser, Nahrung oder Schutz gab. Das Belohnungssystem im Gehirn – insbesondere die Ausschüttung von Dopamin – sorgt dafür, dass wir bestimmte Verhaltensweisen wiederholen, wenn sie uns ein gutes Gefühl geben.
Spannend ist: Die größte Dopaminausschüttung findet nicht bei der Belohnung selbst, sondern in der Erwartung der Belohnung statt. Unser Gehirn liebt die Vorfreude. Deshalb sind es nicht nur die Chips, die glücklich machen – sondern schon das Öffnen der Tüte.

Gewohnheiten entstehen nicht über Nacht – und verändern sich auch nicht so

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass alte Gewohnheiten nicht mehr verändert werden können – vor allem im Erwachsenenalter. Doch die moderne Neurowissenschaft spricht eine andere Sprache.
Unser Gehirn ist neuroplastisch, d. h. es verändert sich kontinuierlich – durch neue Erfahrungen, bewusste Aufmerksamkeit und Wiederholung. Die zentrale Voraussetzung: Bewusstheit.
Das Gehirn funktioniert wie eine Art Vorhersagemaschine. Es scannt permanent Erfahrungen und entscheidet, was in Zukunft nützlich sein könnte. Wenn du z. B. feststellst, dass dir das zweite Stück Kuchen nicht mehr gut bekommt, dann merkt sich dein Gehirn: „Diese Erfahrung war nicht lohnend.“ Vorausgesetzt, du nimmst es überhaupt bewusst wahr.

Achtsamkeit als Schlüssel zur Veränderung

Hier kommt die Achtsamkeit ins Spiel. Wenn du dich selbst freundlich beobachtest – ohne Kritik, ohne Scham – dann schaffst du Raum für Veränderung. Die Praxis könnte so aussehen:
• Du isst ein Stück Schokolade.
• Danach spürst du achtsam in dich hinein: Wie fühlst du dich jetzt? Energetisiert oder träge?
• Du registrierst das, ohne dich zu verurteilen: „Interessant, nach der Schokolade war ich kurz glücklich, aber jetzt eher müde.“
Durch diese Form der Selbstbeobachtung sammelst du sogenannte Ernüchterungsdaten. Das sind Erfahrungen, die deinem Belohnungssystem signalisieren: „Das hat sich nicht wirklich gelohnt.“ Und genau diese Informationen führen langfristig dazu, dass du bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr wiederholen möchtest.
Aber Achtung: Achtsamkeit funktioniert nicht, wenn du dich selbst verurteilst. Denn Scham blockiert den Lernprozess. Sie führt dazu, dass du in alte Muster zurückfällst – oft noch unbewusster und unkontrollierter als zuvor.

Statt Selbstkritik Selbstmitgefühl

Der Schlüssel liegt im selbstmitfühlenden Beobachten. Dr. Joe Dispenza formuliert es sinngemäß so: „Werde der Wächter deiner Gedanken – und lasse keinen negativen Gedanken in dein Haus.“
Wenn du dich also beim emotionalen Essen ertappst, dann sei nicht wütend oder enttäuscht. Sag dir lieber:
„Ah, da ist wieder dieses alte Muster. Interessant. Ich frage mich, wie ich mich gerade fühle. Was brauche ich wirklich?“
Diese Haltung verändert alles. Denn sie öffnet die Tür zu bewusster Entscheidung – anstelle von automatischer Reaktion.

Der präfrontale Kortex: Dein innerer Entscheider

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Der sogenannte präfrontale Kortex – der Teil deines Gehirns, der für Entscheidungen, Planung und Kreativität zuständig ist – funktioniert nur dann optimal, wenn du in guter Verfassung bist. Das heißt: Ausreichend Schlaf, wenig Stress, soziale Verbundenheit und körperliches Wohlbefinden sind essenziell.
Wenn du dagegen müde, wütend, einsam oder hungrig bist, übernimmt das „alte Gehirn“ – und greift auf altbewährte Gewohnheiten zurück. Deshalb ist es wichtig, bei jeder Veränderung auf den inneren Zustand zu achten und auch die äußeren Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.

Der Prognosefehler: Lernen durch Erfahrung

Wie bereits erwähnt, arbeitet das Gehirn ständig mit sogenannten Prognosewerten. Es bewertet: Was bringt mir mehr Freude, mehr Sicherheit, mehr Belohnung?
Wenn du also statt deines gewohnten Käsebrötchens ein neues, gesundes Vollkornbrötchen isst – und feststellst, dass es besser schmeckt –, dann entsteht ein positiver Prognosefehler. Dein Gehirn merkt: „Das neue Verhalten war lohnend!“ Und du bist eher bereit, es zu wiederholen.
Umgekehrt: Wenn das neue Brötchen wie Pappe schmeckte, speichert dein Gehirn das ebenfalls. Wichtig ist, bewusst zu essen. Denn nur dann nimmt dein Gehirn die Unterschiede überhaupt wahr.

Coaching und Unterstützung: Der Weg ist leichter zu zweit

Veränderung braucht manchmal einen geschützten Raum. Ein erfahrener Coach oder Therapeut kann dich dabei unterstützen, deine Verhaltensmuster besser zu verstehen – ohne Urteil, mit Neugier und Akzeptanz.
Gemeinsam analysiert ihr z. B.:
• Welche Situationen führen zu unachtsamem Essen?
• Welche Rechtfertigungen erzählst du dir selbst?
• Welche alternativen Strategien könntest du ausprobieren?
Ein Coach hilft dir, deine eigenen „Geschichten“ zu entlarven – und neue Perspektiven zu entdecken.

Fazit: Essgewohnheiten ändern beginnt mit dir

Essgewohnheiten zu verändern ist kein Sprint – sondern ein achtsamer Weg der Selbsterkenntnis. Du brauchst keine Diät, keine eiserne Disziplin und keine ständige Selbstkontrolle. Du brauchst vor allem: Präsenz, Neugier und Mitgefühl mit dir selbst.
Werde zum Beobachter deiner Muster. Verurteile dich nicht. Sammle Erfahrungen. Und erlaube dir, Schritt für Schritt dein Verhalten zu verändern – nicht gegen dich, sondern mit dir.
Denn genau hier beginnt die wahre Veränderung: Wenn du dich selbst liebevoll annimmst – auch mit deinen alten Gewohnheiten.
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Wenn du magst, begleite ich dich gerne auf diesem Weg – als Coach, Impulsgeberin oder einfach als achtsame Zuhörerin.
💬 Schreib mir in den Kommentaren: Was ist deine größte Herausforderung beim Thema Essgewohnheiten? Welche Strategien haben dir bisher geholfen – und wo brauchst du Unterstützung?

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